DOKUMENTARFILMPREISTRÄGER 2020: THE EARTH IS BLUE AS AN ORANGE
Begründung der Jury (Ulrike Bez, Pascal Rösler, Jörg Adolph):
Eine Familie hineingeworfen in einen seit 2014 andauernden militärischen Konflikt in der Ostukraine: Wie umgehen mit dem Ausnahmezustand, mit der angsteinflössenden militärische Präsenz, mit Granateinschlägen im Nachbarhaus? Eine Anspannung, in der ein „normaler“ Alltag nicht mehr möglich.
In dieser absurden, surreal anmutenden Situation dreht die Familie einen Film und wird zum handelnden Kollektiv von Kulturschaffenden: Sie interviewen sich gegenseitig, stellen Szenen im Kellerbunker nach, sprechen über Filmtechnik und lernen Filmschnitt. Gleichzeitig bewirbt sich eine der Töchter an der Filmhochschule Kiew und beginnt eine Ausbildung als Kamerafrau.
Was Kunst kann, wie relevant sie für ein Leben im Ausnahmezustand, wie relevant sie für ein Frauenleben, das Leben einer alleinerziehenden Mutter mit 4 Kindern ist, zeigt Iryna Tsilyk in „The Earth Is Blue As An Orange“.
Hört man von Frauen und Kindern im Krieg ist das Narrativ in der Regel das von Opfern. Im Gegensatz dazu sind die Protagonist*innen hier keine Opfer, sondern Handelnde. Sie zeigen Haltung, indem sie sich mit den
Mitteln des Films gegen das Trauma des Kriegs stemmen.
Zum Schluss möchte ich die amerikanische Schriftstellerin und Aktivistin Audre Lorde zitieren: „When I dare to be powerful, to use my strenght in the service of my vision, then it becomes less and less important whether I am afraid.“
Auf deutsch:
"Wenn ich es wage, stark zu sein und mich traue, meine Kraft für meine Vision einzusetzen, dann wird es immer unbedeutender, ob ich mich fürchte oder nicht.