Meist sind Travestie-Stoffe Ausgangspunkt für übermütige Lustspiele, nicht jedoch für eine sensible Charakterstudie. Mein Freund aus Faro der Autorin und Regisseurin Nana Neul bildet da eine Ausnahme. Hauptdarstellerin Anjorka Strechel versteht es, als Frau wie als Mann absolut überzeugend zu wirken. Auf optische Hilfsmittel verzichtet sie bewusst. Mit durchtrainierter Figur, kurzen dunklen Haaren und verhaltener Spielweise wechselt sie situativ von der Frauen- in die Männerrolle. Die Übergänge sind fließend. Nicht äußere Zwänge sind es, durch die Hauptfigur Mel in eine Grenzsituation zwischen den Geschlechtern gerät. Der Wechsel in die Männerrolle ist Mels spontaner Entschluss, um ihrem perspektivlosen Alltag eine neue Richtung zu geben. Mels Begegnung mit der jungen Anhalterin Jenny (Lucie Hollmann) wird zum Wendepunkt ihres Lebens. Von Jenny erfährt Mel die von ihr so lang herbeigesehnte Zuneigung. Dass Jennys Zuneigung nicht Mel gilt, sondern ihrer Zweitidentität Miguel, führt zum beinahe unlösbaren Konflikt. Sich selbst als das anzunehmen, was man ist, lautet folglich die Botschaft dieses Films. Tilo Prückner in der Rolle von Mels Vater und Manuel Cortez als Mels portugiesischer Arbeitskollege sorgen für humorvolle Akzente innerhalb der besinnlich-melancholischen Handlung.