„Bitte erhöre mein Gebet. Du weißt, dass ich deine Hilfe brauche. Du weißt, dass ich allein bin. In einem Land, das ich nicht kenne. In einer Sprache, die ich nicht spreche. In einem Leben, das ich nicht verstehe.“
In einem Kloster, mitten im vom Schnee bedeckten Bergmassiv des Schweizer Simplon, faltet die 14-jährige Fortuna, vor einer Marienstatue kniend, die Hände zum Gebet. Ein Foto erinnert an ihre Eltern, die sie seit der traumatisierenden Überquerung des Mittelmeers nicht mehr gesehen hat. Wie viele andere Geflüchtete ist das äthiopische Mädchen bei katholischen Ordensbrüdern untergekommen – übergangsweise, bis ihr Aufenthaltsrecht geklärt ist. Einsam und voller Sehnsucht nach Geborgenheit trägt Fortuna ein Geheimnis in sich, von dem sie nicht einmal dem Vorsteher des Ordens erzählen kann. Mit einem Bogen aus Bildern, vom gewaltsam brausenden Meer bis zur erhaben drohenden Gebirgskette, zeichnet Germinal Roaux das Porträt einer Gestrandeten und lotet die Grenzen der Liebe aus.