Vier Stunden sucht Lars von Trier nach der Philosophie in der Pornografie, während er eine Nymphomanin aus ihrem ereignisreichen (Sex)Leben erzählen lässt. Nach dem ersten Teil, der die Jugend der Nymphomanin nachzeichnete, kommen nun die zweiten zwei Stunden, das heißt das Leben der erwachsenen Frau ins Kino, dieses mal gespielt von?Charlotte Gainsbourg.
Inszenatorisch und visuell schöpft von Trier dabei aus dem Vollen. Immer wieder wirken die Settings wie Theaterbühnen, perfekt gefilmt und kadriert von Kameramann Manuel Alberto Claro, mit dem von Trier schon bei Melancholia zusammenarbeitete. Und auch bei der Besetzung überließ der Regisseur nichts dem Zufall: Neben Skarsgård und Thurman beeindrucken vor allem Stacy Martin und Charlotte Gainsbourg, die die junge bzw. ältere Version von Joe mimen und dabei vollen Körpereinsatz zeigen, gleichwohl sie in den freizügigsten Momenten von Body-Doubles ersetzt wurden. Auch Shia LaBeouf spielt offenherzig eine große Rolle, als selbstverliebter Unsympath und bezeichnenderweise einzigen Liebe Joes.
Am Schluss erklärt Seligman, warum die ganze Geschichte erst durch eine Frau als Protagonistin zu einer interessanten wird: Ein Mann, der sein Sexleben egoistisch auslebt, der sein eigenes Kind der Lust wegen verlässt, der sich in die Falsche verliebt und am Trieb zu Grunde geht? All das hätte wohl niemanden hinter dem Kinosessel hervorgelockt. Bei einer Frau hingegen schauen wir zweimal hin.
Ein Film, der Diskussionen auslöst. Ein Film, den man nicht mit zu vielen Vorurteilen oder Presseberichten im Kopf anschauen sollte, sondern unvoreingenom- men und abseits von der Frage, ob der Film pornographisch ist oder nicht. Über allem anderen geht es um Liebe, Einsamkeit, Triebhaftigkeit und die Suche nach dem Weg heraus aus diesen Abhängigkeiten.