Mit seinen Forschungen über die Sexualität revolutionierte der Naturwissenschaftler Alfred C. Kinsey das sexuelle Verhalten der gesamten westlichen Welt. Bill Condons packendes Porträt ist weit mehr als ein übliches Biopic, denn die Widersprüche und Widerstände, die das Thema hervorruft, sind hochaktuell.
Facettenreich fällt auch der Film aus. Besonders spannend wird es immer dann, wenn Kinsey an seine eigenen Grenzen stößt. So pflegt der Forscher neben seiner kinderreichen Ehe mit der Wissenschaftlerin Clara McMillen auch noch eine Beziehung zu seinem Assistenten Clyde Martin, ist aber einigermaßen schockiert, als sich seine Frau die gleichen Freiheiten nimmt. Kinsey, ganz Wissenschaftler, unterschätzt die menschlichen Emotionen und die Auswirkungen, die ein unbefangener und freier Umgang mit der Sexualität mit sich bringt. In dem er dieses Dilemma zusehends in den Mittelpunkt rückt, befreit Bill Condon den Film von den starren Klammern einer Biographie und gibt ihm eine dynamische Note. Dass der Regisseur mit Hirn, Herz und Humor so viele Facetten der komplexen Themas souverän vereint, macht die Low-Budget-Produktion Kinsey zu einem kleinen, großen Film.